Wissenswertes über Schellack

Die vielen verschiedenen Schellackpolituren basieren alle auf Lackharz oder Schellack (resina laccae), einer Ablagerung auf den Zweigen bestimmter Bäume, z.B. Feigen-Spezies, Croton- und Ficusarten, die auf den Molukken, in Ostindien, Thailand, Sumatra und anderen Ländern heimisch sind. Dabei handelt es sich um das eingetrocknete Sekret verschiedener parasitärer Lackschildlaus-Arten (carteria lacca, coccus lacca). Geeignete Bäume werden in Plantagen bewirtschaftet und zweimal im Jahr geerntet, d.h. die Harzkrusten werden mit Stöcken von den Zweigen geschlagen, gesammelt und kommen in rauhen, außen braunen Röhren oder Bruchstücken unter der Bezeichnung Stocklack (lacca in baculis, bzw. lacca in ramulis) in den Handel. Der zerkleinerte Stocklack wird durch Waschen mit Wasser oder verdünnter Sodalösung von einem Teil seines Farbstoffs befreit, getrocknet, sortiert und ergibt den Körnerlack (lacca in granis). Aus Stock- bzw. Körnerlack gewinnt man durch Zerkleinern, Auswaschen des roten Farbstoffs, Schmelzen und Sieben durch feinmaschige Metallgitter, Entwachsen und Bleichen mittels chemischer Zusätze und schließlich Trocken die weiteren Schellacksorten. Unter den Bezeichnungen Stock-, Körner-, Tafel-, Gummilack, oder Sortennamen wie Orange, Lemon, Sonne, etc. erhält man sie in Bruchstücken, Platten, Linsen- oder Plättchenform. Je nach Art der Insekten, Pflanzen und Verarbeitung haben sie unterschiedliche chemische Zusammensetzungen (Harze, Wachse, Öle, Farbstoffe, etc.) Zur Verarbeitung als Politur werden sie in hochprozentigem Spiritus (Weingeist, Ethanol, Alkohol) aufgelöst.

 

Es gibt mehrere Möglichkeiten Schellack auf die Holzfläche zu bringen. Wie andere Lacke kann man ihn sprühen oder mit dem Pinsel auftragen. Das traditionelle Verfahren im Gitarrenbau und das vorteilhafteste ist jedoch die Ballenpolitur. Dabei wird Schellack in geringer Konzentration und Menge mit einem kleinen Ballen (bestehend aus einem mit feinem Leinen umwickelten Wollkern) in kreisenden fließenden Bewegungen aufgetragen. Viele Durchgänge pro Fläche und lange Trocknungszeiten sind notwendig, bevor aus unzähligen, hauchdünnen Schichten eine geschlossene, glänzende Lackfläche entsteht.

 

Gegenüber den modernen, meist im Sprühverfahren verarbeiteten Lacken (Nitrozellulose, Polyester, Acryl, etc.) bietet Schellack einige Vorteile:

Er kann durch das Ballenpolierverfahren sehr viel dünner (unter 0,1 mm) und gleichmäßiger aufgetragen werden und er ist aufgrund seiner Zusammensetzung (Wachsanteile) flexibler. Der Lacküberzug kann somit die durch Schwund und Quellen verursachten Volumen- und Formveränderungen des Holzes mitmachen, außerdem festigt und unterstützt er die Deckenschwingung, ohne sie zu behindern.

 

Ein wesentliches Merkmal der traditionellen Handpolitur ist, daß je nach Arbeitsstadium unter erheblichem Druck poliert werden muss. Dadurch werden die Lackpartikel verdichtet und zu einer Homogenität komprimiert, die durch einen Sprüh- oder Streichvorgang nicht erreicht werden kann (dort werden die Partikel nur in einem lockeren Gefüge angelagert), auch der Verbund zum Holz wird dadurch erhöht.

 

Wenn der Schellack beschädigt wurde, z.B. bei Rißreparaturen, kann er meistens mit relativ wenig Aufwand retuschiert und überpoliert werden, da die bestehende Lacksubstanz wieder anlösbar ist und sich neue mit alten Lackschichten gut verbinden.

 

Auch in seiner Ästhetik, seiner Transparenz und in der natürlichen Wirkung übertrifft Schellack die synthetischen Lacke. Erwähnt sei außerdem, daß es sich um ein Naturprodukt handelt, das ungiftig ist (allerdings nicht die chemisch verarbeiteten Sorten).

 

Leider gibt es nicht nur Vorteile. Die Harze und Wachse, die die Flexibilität des Lackes begünstigen, bedingen eine größere Wärmeempfindlichkeit (Schmelzpunkt je nach Sorte 60 – 100° C), eine geringere Abrieb- und Kratzfestigkeit und höhere Säureempfindlichkeit (z. B. gegen die Säure im Hautschweiß).

 

Daraus ergeben sich einige Ratschläge zum Umgang mit Schellack-polierten Instrumenten: Wenn möglich, sollte der Lack außer am Hals nicht mit der bloßen Haut in Berührung kommen. Den Hals wischt man nach dem Spielen mit einem weichen Tuch ab. Man sollte lang anhaltende Erwärmung vermeiden, z. B. durch Sonnenbestrahlung, Heizkörper oder andauernde Körperwärme. Am besten legt man zusätzlich zur Kleidung ein Tuch oder weiches Leder zwischen Körper und Instrument (siehe auch Pflegetips für Gitarren).

 

Auch bei großer Sorgfalt und Pflege kann im Abstand von mehreren Jahren ein Überpolieren notwendig sein, wenn der Schellack seine Schönheit, seine holzschützende und klangliche Funktion behalten soll.